Jesu Briefwechsel

     

    mit

     

    Abgarus

     

    König zu Edessa im nördlichen Mesopotamien

     

    in den Jahren 31, 32 und 33.

     

     

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    Empfangen vom Herrn durch Jakob Lorber im Jahre 1855

    in Graz.

    Für den Neudruck durchläutert von Franz Schumi

    am 8. September 1904 in Zürich.

 

Aufklärung zum Briefwechsel Jesu mit
Abgarus

     

     

  1. Abgarus, der 15. (König) von Edessa im nördlichen Mesopotamien lebte 13 – 50 nach Christo, bekannt durch seinen Briefwechsel mit Christus, den im Anfange des 4. Jahrhundert Eusebius von Cäsarea auf Grund syrischer Aktenstücke aus dem Edessenischen Archiv in griechischer Übersetzung mitteilte.

     

  2. In vielfach erweiterter Form findet sich die Erzählung in der Syrischen Schrift »Doctrina Addaï« (mit englischer Übersetzung, herausgegeben von George Philipps, London 1876, und in mehreren griechischen Bearbeitungen.)

     

  3. Nach der Pfingsttaufe habe der Apostel Thomas den Thaddäus nach Edessa gesandt. Derselbe habe Abgarum geheilt, und in Edessa mit Erfolg das Evangelium verkündet.

     

  4. Auch ein Bild Christi (laut dem Berichte des 3. und 4. Briefes), wird schon frühzeitig öfters, besonders im Bilderstreite erwähnt. Die danach gemalten Bildnisse Christi (Abder), gehören der morgenländischen Kirche seit dem 4. Jahrhundert an.

 

 

1. Brief

Jahr 31, am 15. Oktober, Edessa. Abgarus, (Die lange Betonung fällt auf die erste Silbe: garus wird kurz ausgesprochen.) König der Stadt Edessa, schreibt an Jesus und bittet Ihn, da er von Seinen Wunderheilungen gehört hat, ihn heilen zu kommen und bei ihm wohnen zu bleiben, da er gehört hatte, daß die Juden gegen Jesus sind.

  1. I. Abgarus, Fürst zu Edessa, (Edessa, jetzt Urfa genannte Stadt, liegt im nördlichen Mesopotamien, und ist die Hauptstadt eines Sandschaks im nördlichen Wilajet Haleb in Mesopotamien.) Jesu, dem guten Heilande (Arzte), Der in dem Lande um Jerusalem erschienen ist, alles Heil.

  2. Ich habe von Dir gehört und von Deinen Gesundmachungen, wie Du sie ohne Arzneimittel und Kräuter verrichtest. Denn die Rede geht, daß Du die Blinden sehend machst, die Lahmen gehend, daß Du die Aussätzigen reinigst und die unreinen Geister austreibst und diejenigen heilst, die mit langwierigen Krankheiten kämpfen, und endlich sogar die Toten auferweckst.

  3. Nachdem ich alle diese Dinge von Dir gehört habe, so habe ich demnach bei mir selbst ge­schlossen, eines von beidem müsse wahr sein: entweder Du seiest Gott, vom Himmel herab­gekommen — oder Du, der diese Dinge tut, seiest doch zum wenigsten ein Sohn des großen Gottes!

  4. Ich ersuche Dich daher durch dieses Schreiben, Dich zu mir zu bemühen, um die Krankheit, die ich habe, zu heilen!

  5. Ich habe auch gehört, daß die Juden wider Dich murren und Dir Böses zufügen wollen. — Ich aber habe eine zwar kleine, aber wohlgeordnete Stadt, welche für uns beide hinreichend sein wird. Daher komme Du, mein überaus hochgeachtetster Freund Jesus zu mir und bleibe bei mir in meiner Stadt und in meinem Lande! Da sollst Du von jedermann auf Händen und im Herzen getragen sein. — Ich erwarte Dich mit der größten Sehnsucht meines Herzens! - Gesandt durch meinen getreuesten Knecht Brachus.

*

Antwort des Herrn Jesus

Jahr 31, am 5. November bei Kapernaum. (Die Daten wurden mir (Schumi) durch den Vater Jesus gegeben.) Vater Jesus schreibt durch den Jünger Jakob, des Zebedäus Sohn, dem König Abgarus, daß die Krankheit nur eine leichte ist, und daß, wenn Er wieder im Himmel sein werde, nachdem die Juden ihre Missetat an Ihm begangen haben, - Er einen Jünger dahin senden wird, der des Königs Krankheit heilen wird.

  1. Abgarus, du bist selig, weil du Mich nicht gesehen und doch an Mich geglaubt hast! Denn siehe, es steht von Mir geschrieben, daß die, welche Mich gesehen haben, nicht an Mich glauben werden, auf daß die, welche Mich nicht gesehen haben, glauben und leben mögen in Ewigkeit! Was aber das betrifft, darum du Mir schriebst, daß Ich solle zu dir kommen, da Ich hier im Judenlande verfolgt werde, da sage Ich dir: Es ist nötig, daß alles das, um dessentwillen Ich gekommen bin in die Welt, an diesem Orte an Mir erfüllt werden wird, und daß Ich, nachdem dieses alles in der Kürze an Mir erfüllt sein wird, zu Dem aufsteigen werde, von Dem Ich ausgegangen bin von Ewigkeit.

  2. Sei aber geduldig in deiner leichten Krankheit! So Ich aber wiederin den Himmel werde aufgenommen sein, da werde Ich einen Jünger zu dir senden, damit er deine Krankheit heile und dir und allen, die bei dir sind, die wahre Gesundheit gebe!

  3. Geschrieben durch Jakobus, einen Jünger des Herrn Jesu Christi, und übersandt durch Brachus, des Königs Boten, aus der Gegend Genezareth.

  4. Bald darauf, als Abgarus von Mir, Jesus, die liebevolle Antwort erhielt, begab es sich, daß dieses Königs ältester Sohn und Thronfolger in eine tödliche Leibeskrankheit verfiel, von der alle Ärzte in Edessa sagten, daß sie unheilbar sei. Das brachte den armen Abgarus nahe zur Verzweiflung. In solcher seiner übergroßen Betrübnis schrieb er abermals an Mich, den guten Heiland Jesus diesen folgenden zweiten Brief, welcher also lautete:


 

2. Brief

Jahr 32, am 16. Februar, Edessa. Der König schreibt, daß sein Sohn todesgefährlich erkrankt sei und bittet Jesum, daß Er durch Sein Willenswort ihn heilen möchte.

  1. Abgarus, ein armseliger Fürst in Edessa, Jesu dem guten Heilande, der erschienen ist in dem Lande um Jerusalem, alles Heil und alle Ehre Gottes!

  2. O Jesus, Du guter Heiland! Siehe, mein ältester Sohn, der Thronerbe, der sich mit mir über die Maßen auf Deine Ankunft in meiner Stadt freute, ist todeskrank geworden. Ein böses Fieber hat sich seiner bemächtigt und droht ihn in jedem Augenblicke zu töten! — Ich aber weiß es, wie es mir der Bote beteuert hat, daß Du derlei Kranke ohne Arznei bloß durch Wort und Willen in der Ferne heilest! O Jesus, Du guter Heiland, Du wahrhaftiger Sohn des allerhöchsten Gottes, was Du sicher bist — lasse also auch meinen Sohn, der Dich so sehr liebt, daß er für Dich sogar in den Tod gehen möchte, wieder gesund werden durch Dein mächtiges Wort und Willen! O Jesus, Du guter Heiland! bescheide mich, der ich auch krank bin, nur diesmal nicht auf die Zeit nach Deiner mir verkündeten Himmelfahrt; sondern helfe, helfe, helfe sogleich meinem Sohne!

  3. Geschrieben in meiner Stadt Edessa, übersandt durch den früheren getreuen Boten.

*

Antwort des Herrn Jesus

Jahr 32, am 2. März, zu Kana in Galiläa. Vater Jesus ließ dem Abgarus durch den Jünger Johannes schreiben, daß sein Sohn sterben und wegen seiner großen Liebe, in den Himmel aufgenommen wird. Er offenbart dem König ferner, daß Er Selber Gott ist und daß Er durch Seine Zulassung von Juden ermordet, am Pfahle sterben wird.

  1. Abgarus, groß ist dein Glaube! Und darum könnte es mit dem Sohne wohl besser werden. Aber da Ich bei dir Liebe gefunden habe, mehr als in Israel, so will Ich dir auch mehr tun, als so du nur allein geglaubt hättest! Siehe, Ich, der Herr von Ewigkeit, nun ein Lehrer der Menschen und ein ewiger Befreier vom ewigen Tode, werde deinem Sohne das ewige Leben schenken vor Meiner Auffahrt, da er Mich ungesehen und ungekannt vor Meinem bevorstehenden Leiden für alle Menschen aus seinem ganzen Herzen geliebt hat. Und so wirst du, Mein lieber Abgarus, wohl deinen Sohn dem Leibe nach verlieren in der Welt, aber dem Geiste nach tausendfach gewinnen in Meinem ewigen Reiche! Glaube aber ja nicht, daß dein Sohn, so er sterben wird, im Ernste sterben wird! — Nein, nein! Sondern wann er stirbt, da erst wird er erwachen vom Todesschlaf dieser Welt zum wahren, ewigen Leben in Meinem Reiche, welches ist geistlich und nicht leiblich. Darum lasse dich nicht betrüben in deiner Seele! Denn siehe - und schweige: Ich allein bin der Herr, und außer Mir ist keiner mehr! Darum tue Ich frei, was Ich tue, und niemand kann zu Mir sagen: Tue das oder tue das nicht!

  2. Was Ich aber nun tue, und es zulasse, daß Ich wie ein schwacher Mensch verfolgt werde, das habe Ich schon ehedem vorgesehen, ehe noch die Erde gegründet war und eher, als Sonne, Mond und Sterne vom Himmel herab der Erde leuchteten. Denn Ich ging darum aus von Meinem Vater, der in Mir ist, wie Ich in Ihm! Der Vater aber ist das Höchste, denn Er ist Meine Liebe, Mein Wille. Der Geist aber, der aus Mir und dem Vater gehet, wirkend von Ewigkeit zu Ewigkeit, ist das Heiligste. Und das alles bin Ich, der dir nun solches offenbaret! Darum betrübe dich nicht, da du nun weißt, wer Der ist, Der dir nun solches geoffenbaret hat! Schweige jedoch solange davon, bis Ich werde am Pfahle erhöhet werden vor den Juden, wovon dir sobald Kunde wird; denn sonst würde die Welt vor der Zeit fallen! -

  3. In diesen Tagen aber wird ein armer Jüngling in deine Stadt kommen. Diesen nehme auf und tue ihm Gutes, so wirst du darob Mein Herz erfreuen, — darum Ich deinem Sohne eine so große Gnade erweise und ihn ob seiner Liebe - vor Mir dahin gehen lasse, da Ich hingehen werde nach der Erhöhung am Pfahle. — Amen.

  4. Geschrieben zu Kana in Galiläa durch den Jünger Johannes und übersandt durch des Königs Boten.

*

3. Brief

Jahr 32, am 11. Juni, Edessa. König Abgarus bedankt sich in tiefer Demut für die große Gnade an seinem Sohne, dem der Himmel versprochen wurde von Jesus, als Gott und Herr Himmels und der Erde, und erzählt, daß ein großer Malkünstler in der Stadt Edessa, nach der getreuen Beschreibung des Jüngers Jesu, den Er mit dem Boten des Königs nach Edessa mitgesandt hat, ein wohlgelungenes Abbild Jesu angefertigt hat, welches der König dem Jesus, in seiner Liebe zu Ihm, zur Besichtigung und Begutachtung einsandte.

  1. Abgarus, ein kleiner Fürst in Edessa, Jesu dem guten Heilande, der im Lande um Jerusalem erschienen ist, alles Heil in Ewigkeit! Aus Deinem herrlichen Gnadenbriefe, den Du o Herr, Herr Gott von Ewigkeit, mir bestaubtem Wurme vor diesem meinem jetzt an Dich gerichteten Schreiben allergnädigst zugesandt hast zu meinem und meines Sohnes übergroßem Troste, habe ich klarst ersehen, daß in Dir die höchste Liebe wohnen muß. Denn sonst wäre es rein unmöglich, daß Du, als der alleinige Herr aller Himmel wie dieser Erde, mir, einem Wurme vor Dir, meines Dich über alles liebenden Sohnes wohlgedenkend, einen so allmächtig wirkenden Trost hättest können zukommen lassen! — Ich kann Dir, o Herr, dafür doch wohl nichts anderes tun als, vor Deinem allerheiligsten Namen in den Staub meiner Nichtigkeit sinkend, Dir meinen und meines Sohnes Dank darbringen. Nimm diesen unsern heißesten Dank als ein Pfand unserer heißesten Liebe gnädigst an und gedenke unser allezeit in Deiner für mich unbegreiflichen Milde! Meines sehr kranken Sohnes Liebe zu Dir hat mir ein liebes Begehren nach Dir vor ein paar Tagen kundgetan. Herr, vergib es mir, so ich es Dir durch dieses Schreiben wieder kundgebe! — Wohl weiß ich es, daß Dir unsere Gedanken schon eher bekannt sind, als ich und mein Sohn sie nur gedacht haben. Aber demungeachtet schreibe ich Dir, wie man einem Menschen schreibt, und tue das nach dem Rate jenes von Dir mir anempfohlenen armen jungen Menschen, der sich nun schon bei mir, wohlbehalten befindet, der da mir sagte, daß ja jedermann so zu Dir kommen müsse, der von Dir etwas erhalten will.

  2. Dieser junge Mensch gab vor, Dich gesehen zu haben. Er hat eine zwar sehr einfache, aber sonst, wie es mir vorkommt, sehr richtige und treffende Darstellungsgabe. Dieser junge Mensch, seiner Fähigkeit zufolge mir sehr teuer, beschrieb uns jüngst zu unserer größten Freude Deine Gestalt auf eine so anschauliche Weise, daß ich und mein Sohn, der noch lebt, aber wohl schon höchst schwach ist, Dich förmlich zu sehen glaubten. In meiner Stadt aber lebt ein sehr großer Künstler in der Malerkunst. Dieser malte mir sogleich nach der Darstellung des jungen Menschen Deinen Kopf mit der Brust. Mich und meinen Sohn überraschte dieses Bild um so höchst erfreulicher, als mir der arme junge Mensch beteuerte, daß Du, o Herr, gerade also aussähest! Darum aber habe ich nun auch diese Gelegenheit benützt, durch den treuen Überbringer dieses meines gebührendsten Dankschreibens Dir Dein eigen Bild zu übersenden, auf daß Du es selbst besehen möchtest und mir dann kundtun durch den Boten, ob dieses Bild Dir wohl gleich sieht? O Herr Jesus, Du guter Heiland aller Menschen, zürne uns ja nicht darob! Denn nicht eine verächtliche Neugierde, nein, sondern reine, übergroße Liebe zu Dir trieb uns dazu, uns dies allerteuerste Kleinod unseres Herzens also anfertigen zu lassen, auf daß wir von Dir uns doch irgendeine Vorstellung machen können, der Du unsere Herzen bis in die tiefste Tiefe mit Deiner Liebe erfüllt hast und bist geworden unser größter Reichtum, unser größter Trost und unseres Herzens köstlichster Brautschmuck im Leben und im Tode!

  3. O Herr, höre ja nimmer auf, unser in Deinem Herzen zu gedenken! — Dein für uns heiliger Wille geschehe!

*

Antwort des Herrn Jesus

Jahr 32, am 29. Juni, Bethanien. Vater Jesus gibt durch den Jünger Johannes dem König Abgarus Sein Wohlgefallen kund, daß Ihm Abgarus und dessen Sohn so heiß lieben, und verspricht deshalb, sie beide nach dem Leibestode zu Sich in den Himmel zu nehmen. Erwähnt wieder Seine Gefangennahme (und Tod) und die Sendung des versprochenen Jüngers nach Seiner Himmelfahrt, und sagt, daß der Königsbote wohl die rechte Antwort geben wird, ob das Bild wohlgelungen und Ihm ähnlich sei.

  1. Meinen Segen, Meine Liebe und Meine Gnade dir, Mein geliebter Sohn Abgarus!

  2. Ich sagte hier in Judäa wohl oft zu denen, denen Ich von allerlei Übeln des Leibes geholfen habe: Siehe, das hat dir dein Glaube getan! — Aber noch keinen habe Ich gefragt: Liebst du Mich? Und noch keiner hat es Mir aus der Tiefe seines Herzens gesagt: Herr! ich liebe Dich! Du aber glaubtest lange schon zuvor, ohne Mich gesehen zu haben, daß Ich der Einige bin, und nun liebst du Mich schon wie einer, der lange schon wiedergeboren wäre aus dem Feuer des Geistes. - O Abgarus! Abgarus! Wüßtest du und könntest du es fassen, wie sehr Ich dich darum liebe und welch eine große Freude du Meinem ewigen Vaterherzen machest — dich würde die zu große Seligkeit dessentwegen erdrücken, daß du nimmer leben könntest! Sei aber standhaft bei allem, was du mit der Zeit von den bösen Juden von Mir hören wirst, die Mich bald in die Hände der Henker übergeben werden. So du aber das hören wirst und wirst dich nicht ärgern darob, so wirst du geistig nach deinem Sohne der Erste sein, der lebendigen Anteil an Meiner Auferstehung vom Tode haben wird. Wahrlich, wahrlich sage Ich dir: Die da glauben Meiner Lehre, daß sie von Gott ist ausgegangen, die sollen auferwecket werden am jüngsten Tage, allda ein jeder sein rechtes Gericht finden wird. Aber die Mich wie du lieben, die werden den Tod nimmer schmecken! Sondern wie schnell da ist der schnellste Gedanke, also schnell auch werden sie aus diesem Leben des Leibes in das allerhellste ewige Leben verklärt werden und werden Wohnung nehmen bei Mir, ihrem Vater von Ewigkeit. Solches behalte jedoch sorgfältig bei dir geheim, bis Ich werde auferstanden sein! Dann aber wird alsbald ein Jünger zu dir kommen, wie Ich dir schon im ersten Briefe verheißen habe, und wird, bis auf deinen Sohn, der vor Mir gehen wird ohne Schmerz in Mein Reich, dich und dein ganzes Haus gesund machen leiblich und geistlich.

  3. Ob der Ähnlichkeit zwischen Meiner Außengestalt und deinem Mir durch deinen Boten zugesandten Bilde wird dich dein Bote, der Mich nun schon zum dritten Male sah, auf das getreueste benachrichtigen. Wer ein Bild in deiner Absicht von Mir will, dem sei es keine Sünde! Denn da erduldet die Liebe ja alles. Aber wehe denen, die Mich zu einem Götzen gestalten werden! — Halte aber auch das Bild geheim!

  4. Geschrieben in Judäa durch Meiner Jünger einen, der Meinem Herzen nahe ist, und übersandt wieder durch denselben Boten.

  5. Mein Heil deinem Hause! - Amen.

*

4. Brief

Jahr 32, am 3. August, Edessa. König Abgarus berichtet Jesu von dem schmerzlosen Hinscheiden seines Sohnes und dessen letztwilligem Wunsch, daß sein Vater einen innigsten Dank von ihm an Jesus schreiben soll, weil Er ihn so furcht- und schmerzlos hinscheiden läßt.

  1. Abgarus, ein kleiner Fürst in Edessa, Jesu dem guten Heilande, der im Lande um Jerusalem erschienen ist und nun verfolgt wird von einem Ende zum andern von den dummen, blinden Juden, die nicht erkennen das heilige Urlicht, die Sonne der Sonne in ihrer Mitte, alles Heil!

  2. O Du mein guter Heiland Jesus! Nun ist geschehen in der Wirklichkeit an meinem lieben Sohne, was Du, o Herr, mir im zweiten Briefe vorhergesagt hast. Er ist vor ein paar Tagen gestorben und hat mich auf dem Totenbette noch angelegentlichst mit vielen Tränen in den Augen gebeten, ich möchte Dir mit diesem Schreiben seinen innigsten Dank ausdrücken dafür, daß Du ihn wirklich so ganz ohne Schmerzen und ganz ohne Furcht vor dem Tode des Leibes hast gnädigst dahinscheiden lassen. Dein Bild hat er wohl bei tausend Male an sein Herz gedrückt, und sein letztes Wort war: „O Du mein guter Vater Jesus! O Jesus, Du ewige Liebe, der Du allein das wahre Leben bist von Ewigkeit! Du, der Du jetzt wie eines Menschen Sohn wandelst unter denen, die Deine Allmacht ins Dasein rief und ihnen Gestalt und Leben gab — Du allein, ja Du bist meine Liebe in Ewigkeit! —

  3. Ich lebe, ich lebe, ich lebe durch Dich - in Dir - ewig!!!"

  4. Nach diesen Worten verschied mein lieber Sohn. Wohl wirst Du, o Herr, es wissen, daß also das irdische Ende meines Sohnes war und daß ich und mein ganzes Haus viel geweint haben um ihn. Aber dennoch schreibe ich Dir dieses wie ein Mensch dem Menschen, dieweil es also mein sterbender Sohn vor seinem irdischen Ende sehnlichst gewünscht hatte. O Herr, vergib mir armem Sünder vor Dir, so ich Dir nun schon durch ein viertes Schreiben zur Last werde und Dir, o Herr, vielleicht irgendeine Störung in Deinem allerheiligst wichtigsten Geschäfte bewirke.

  5. Schließlich wage ich noch die Bitte diesem Schreiben anzufügen, daß Du Deinen Trost mir nicht entziehen möchtest! Denn siehe, mich hat nun nach meinem Sohne dennoch eine große Traurigkeit befallen, der ich bei meinem festesten und wie möglich besten Willen nicht ledig werden kann. Daher bitte ich Dich, Du guter Heiland, Du bester Vater von Ewigkeit, Du wollest von diesem großen Schmerze mich frei machen. Aber nicht mein, sondern Dein heiliger Wille geschehe allein!

*

Eigenhändige Antwort des Herrn

(Obwohl Jesus nie von jemandem schreiben gelehrt wurde, so hat Er doch können als Gott - in der Sprache reden und schreiben. Diesen Brief schrieb Er eigenhändig in griechischer Sprache, während die anderen drei sowie die späteren drei in jüdischer Sprache geschrieben wurden.)

Jahr 32, am 18. August, Kapernaum. Vater Jesus schreibt dem König Abgarus ein Beileidschreiben wegen des verstorbenen Sohnes und gibt ihm christliche Liebeslehren in Bezug auf sein Leben und die Behandlung eines Verbrechers im Sinne Gottes.

  1. Mein geliebter Sohn und Bruder Abgarus! Was deinen Sohn betrifft, so weiß Ich alles, und es ist Mir überaus lieb, daß es mit ihm ein so schönes Ende für diese Welt, aber einen noch bei weitem schöneren Anfang in Meinem Reiche genommen hat. Du aber tust wohl daran, so du um ihn ein wenig trauerst, denn siehe, der Guten gibt es wenige auf der Welt. Welche aber da sind wie dein Sohn, die sind wohl einer Nachtrauer wert! Siehe, auch Mir kommt für deinen Sohn eine köstliche Träne nach!- So ward einst alle Welt aus einer Träne aus Meinem Auge, und so wird der neue Himmel auch wieder gestaltet (Haushaltung I, Kap. 247, 27-29). Ich sage dir, daß da gute Tränen von einem übergroßen Werte im Himmel sind. Denn mit diesen allerköstlichsten Juwelen wird der Himmel gezieret in Ewigkeit. Aber mit bösen Haß-, Neid- und Zorntränen wird die Hölle in ihren Festen gestärkt (s. Jugendgeschichte, Kap. 205).

  2. Daher sei dir das der größte Trost, daß du trauerst um den Guten! Behalte aber diese Trauer nur eine kurze Zeit, bis du nach Mir nachtrauern wirst in Kürze; dann aber wird dich Mein Jünger von allem frei machen. Sei aber fortan sehr barmherzig, so wirst du auch eine große Erbarmung finden! Vergiß der Armen nicht! Diese sind allzumal Meine Brüder! Was du ihnen tust, das tust du Mir, und Ich werde es dir vergelten hundertfältig. Suche das Große, das ist Mein Reich, so wird dir auch das Kleine, d. h. das Nötigste und Nützlichste in der Welt zukommen! So du aber suchest das Kleine, da könntest du des Großen nicht wert erachtet werden. Du aber hast [in deinem Gefängnisse] einen Verbrecher, der nach deinem weisen Gesetze den Tod verdient hat. Ich aber sage dir, Liebe und Erbarmung stehen höher denn Weisheit und Gerechtigkeit! Handle daher mit ihm nach der Liebe und nach der Erbarmung, so wirst du eins sein mit Mir und mit Dem Vater, Der in Mir ist und von Dem Ich ausgehe als Mensch dir gleich.

    Amen.

  3. Von Mir Selbst geschrieben zu Kapernaum und übersandt durch deinen Boten.

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5. Brief

Jahr 32, am 23. September, Edessa. König Abgarus schreibt an Jesus ein Dankschreiben für alle Wohltaten und Lehren, die ihm zuteil worden sind, bedauert, daß er wegen seines kranken Fußes nicht selber zu Jesus kommen kann, und verspricht in seinem kleinen Staate, (Die Stadt mit ihrer einige Stunden umfassende Umgebung) alles so einzuführen, wie es göttlicher Lehre gemäß ist.

  1. Abgarus, ein kleiner Fürst in Edessa, Jesu dem guten Heilande, der im Judenlande um Jerusalem erschienen ist als das Urlicht, als die ewige Urkraft, die alles neu umschaffet — Himmel, Welten, Wesen — und nicht erkannt wird von den Ersten, die berufen sind, wohl aber von denen, die bereits Tausende von Jahren in der Finsternis schmachteten, — alles Heil von uns Kindern der Nacht!

  2. O Herr! Welcher Sterbliche kann wohl die Größe Deiner Liebe zu uns Menschen, die wir nur Deine Geschöpfe sind, fassen — aus welcher Liebe Du nun alles neu gestalten willst, und willst aber dabei selbst einen Weg wandeln, der nach meinen menschlichen Begriffen für Gott fast unmöglich und undenkbar zu sein scheint! Bist Du auch hier auf dieser Erde, die Du mit einem Hauche verwehen könntest, als ein ganz einfacher Mensch unter den Menschen gegenwärtig, so regierest und erhältst Du aber aus Deinem innersten Gottwesen dennoch die ganze Unendlichkeit! Und jeder Staub der Erde, jeder Tropfen im Meere, Sonne, Mond und alle zahllosen Sterne horchen der Allmachtstimme Deines Herzens, das da der ewige Mittelpunkt aller Dinge und Wesen in der ganzen Unendlichkeit ist. O wie endlos selig müssen Deine Jünger sein, so sie Dich am hellsten Tage ihres Geistes nun so erkennen, wie ich armer Sünder aus meiner Nacht! O wäre ich nur nicht lahm an meinen Füßen, wie lange schon wäre ich bei Dir! So aber sind meine elenden Füße mir ein Hindernis zu meiner größten Seligkeit geworden. Aber das alles ertrage ich nun gerne, weil Du, o Herr, mich nur insoweit für würdig befunden hast, mit mir armem, dummem Tropfe brieflich zu reden und mich über so viele Wunderdinge zu belehren, über die man freilich wohl nur von Dir, o Herr, nie aber von einem Menschen belehrt werden kann. Was wußte ich wohl früher von einem Leben nach dem Tode? — Alle Weisen der Welt hätten mir dieses Rätsel nicht enthüllt. Denn alle unsere Vielgötterlehre hat wohl eine dichterische Unsterblichkeit, die aber ebensowenig der Wirklichkeit gleicht wie ein leerer Traum dem andern, in dem man bald auf dem Meere zu Fuße geht und fährt übers Land zu Schiffe. Du, o Herr, aber hast es mir im Worte und in der Tat gezeigt, wie nach dem Tode dieses unseres sehr gebrechlichen Leibes erst ein vollkommenes, wahrhaftiges, freiestes Geistesleben seinen Anfang nimmt und nimmerdar verändert wird ewig.

  3. Aus diesem Grunde aber habe ich es mir nun auch zur unerläßlichen Aufgabe gemacht, Dir, o Herr, für diese endlos große Gnade durch dieses Schreiben meinen gebührendsten Dank darzubringen, der freilich gegen diese Deine endlos große Gnade in das reinste Nichts zerfällt.

  4. Aber was, o Herr, könnte ich Dir auch geben, das Du mir nicht zuvor gegeben hättest!?

  5. Ich denke, ein rechter Dank aus dem Herzen scheint mir noch das dem Menschen am meisten Geeignetste zu sein, weil der Undank sicher sein volles Eigentum ist. Daher auch kann ich, o Herr, Dir nichts darbringen als eben meinen geringen Dank — aber dennoch mit der vollsten Versicherung, daß ich nun bereit bin, in meinem kleinen Staate alles sogleich einzuführen, was Du, o Herr, mir gnädigst gebieten möchtest, — also wie ich nach Deinem Wunsche den große Staatsverbrecher nicht nur alsogleich aus dem Kerker heben, sondern ihn auch sogleich in meine Schule und an meinen Tisch bringen ließ.

  6. Ob ich daran recht getan oder etwa, wie man zu sagen pflegt, des Guten zuviel getan habe, das zu beurteilen reicht mein menschlicher Verstand nicht hin. Darum komme ich, o Herr, auch in diesem Stücke zu Dir mit diesem Schreiben, daß Du mir darüber die rechte Weisung gnädigst erteilen möchtest.

  7. Meine Liebe, meinen Dank und meinen kindlichsten Gehorsam Dir, o Herr Jesus, ganz allein! Dein Wille geschehe!

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Antwort des Herrn darauf

Jahr 32, am 6. Oktober, Jerusalem. Vater Jesus ließ durch den Johannes dem König Abgarus schreiben, daß Er 72 Jünger, darunter 12 Apostel habe, daß sie aber der König alle an geistiger Sehkraft übertreffe, was Jesus eigentlich sei. Und da Er bei den Heiden mehr Glauben, Liebe und Demut gefunden, als bei den Juden, so will Er das Reich Gottes von den Juden an die Heiden übertragen. Dann gibt Er ihm den Rat, zuerst das Gesetz der Liebe als Staatslehre einzuführen, mit der er dann ein leichtes Werk zu regieren haben wird, und verspricht ihm die Wiedergeburt durch die Taufe mit dem hl. Geist durch den versprochenen Jünger (Nathaniel.)

  1. Höre du, Mein geliebter Sohn und Bruder Abgarus! Ich habe nun zweiundsiebzig Jünger, darunter zwölf Apostel; aber alle zusammen haben nicht solche Sehkraft wie du allein, der du ein Heide bist und Mich nie gesehen hast und nicht alle die vielen Wunder seit Meiner Menschwerdung, seit Meiner Geburt. Darum aber sei auch der besten Hoffnung; denn siehe, es wird geschehen, und es ist schon geschehen, daß Ich den Kindern das Licht nehmen werde und werde es in der Fülle geben euch Heiden! Denn siehe, erst vor kurzem habe Ich unter den hier mitunter lebenden Heiden, Griechen und Römern Glauben gefunden, desgleichen in ganz Israel nicht anzutreffen ist. Liebe und Demut aber sind nun unter den Juden ganz fremde Eigenschaften des menschlichen Herzens geworden, während Ich sie nicht selten unter euch im Vollmaße antreffe. Siehe, darum werde Ich es den Kindern nehmen und werde es euch geben, das ist: all Mein Reich zeitlich und ewig! Die Kinder aber sollen sich nähren vom Unflate der Welt! (Besonders heutzutage nur zu wahr erfüllt)

  2. Du möchtest Meinen Willen in deinem Staate zum Gesetze machen. — Das wird sich vorderhand noch nicht tun lassen, denn siehe, es gehört zu allem eine gewisse Reife. Aber Mein Gesetz ist nichts als Meine Liebe. Willst du schon in deinem Staate etwas von Mir einführen, so führe dieses Gesetz ein, dann wirst du mit Meinem Willen ein leichtes Werk haben! Denn siehe, Mein Wille und Mein Gesetz sind so völlig eins, wie da Ich und der Vater völlig eins sind. Freilich liegt dann in Meinem Willen noch so manches, was du nun nicht fassen könntest. Wenn aber Mein Jünger zu dir kommen wird, der wird dich in alles leiten. Und so du durch ihn auf Meinen Namen getauft wirst, dann wird der Geist Gottes über dich kommen und wird dich selbst in allen Dingen unterweisen.

  3. Mit dem Verbrecher hast du völlig recht getan. Denn siehe, Ich tue mit euch Heiden ja dasselbe. Deine Tat aber sei dir eben ein guter Spiegel dessen, was Ich schon tue und später in der Fülle tun werde.

  4. Das zu deiner Ruhe und zu deinem Segen! — Amen.

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6. Brief

Jahr 32, am 3. Dezember, Edessa. König Abgarus schreibt an Jesus und klagt Ihm, daß nach einem Erdbeben in ein paar Tagen darauf das ganze Wasser seines Landes trübe geworden sei und jeder, der davon trank, bekam Kopfschmerzen und ward darauf ganz unsinnig. Der König bat Jesus um Abhilfe und tränkte bis dahin seine Staatsbürger mit seinem eigenen Wein und mit dem Wasser, das er von einer griechischen Insel mit großen Schiffen holen ließ.

  1. Abgarus, ein kleiner Fürst in Edessa, Jesu dem guten Heilande alles Heil, der um Jerusalem erschienen ist, ein Heil allen Völkern, die eines guten Herzens sind und den rechten Willen haben, nach Seinem Worte ihr Leben einzurichten!

  2. O Herr, vergib mir meine große Dreistigkeit und mein schon wahrhaft unverschämtes Zu- dringen zu Dir! Aber Du weißt es ja, daß gute Ärzte bei den Menschen stets in größtem Ansehen standen, weil sie allezeit noch in den Dingen der Natur die sichersten Kenntnisse besaßen, darum sich bei großen Erscheinungen in der Natur jedermann gerne an sie wandte, um von ihnen einen wenn schon matten Aufschluß zu erhalten. Um wie endlos höher über alle naturkundigen Ärzte der Welt stehst Du in meinen Augen, der Du nicht nur Arzt in allen Dingen, sondern auch zugleich Schöpfer und Herr aller Natur bist von Ewigkeit!!!

  3. Dir kann ich daher nur ganz allein meine gegenwärtige sonderbare Staatsnot vortragen und Dich dann aus aller Tiefe meines Herzens um die gnädige Abwendung dieser sonderbaren Not anflehen. Siehe, wie Du es sicher vom Grunde schon lange weißt, ist vor zehn Tagen hier ein kleines Erdbeben verspürt worden, welches, Dir ewig Dank, ohne besondere Spuren vorüberging. Ein paar Tage nach diesem Erdbeben fing [jedoch] alles Wasser an, trüb zu werden, und jeder Mensch, der das Wasser trank, bekam Kopfschmerzen und ward darauf ganz unsinnig. Ich gab da sogleich ein strenges Gebot heraus, daß da in meinem ganzen Lande das Wasser so lange niemand gebrauchen darf, bis ich es wieder zu gebrauchen erlauben werde. Unter der Zeit aber sollen alle meine Staatsbürger zu mir nach Edessa kommen, allwo sie Wein und Wasser bekommen werden, das ich nun für den Zweck auf großen Schiffen eigens von einer ziemlich entfernten griechischen Insel holen lasse. Ich glaube, weil mich zu dieser Handlung rein nur die Liebe zu meinem Volke und die wahrste Erbarmung über dasselbe antrieb, keine schlechte Tat begangen zu haben. Darum bitte ich Dich, o Herr, in aller Demut und Zerknirschtheit meines Herzens, Du wollest mir und meinem Volke aus dieser Not helfen! Denn siehe, es will sich das Wasser nicht klären, und dessen tolle Wirkung ist stets die gleiche, O Herr, ich weiß, daß Dir alle guten und bösen Kräfte und Mächte untertan sind und müssen weichen Deinem Winke; daher bitte ich Dich, Du wollest Dich gnädigst meiner erbarmen und mich wegen des armen Volkes befreien von dieser Plage! Dein göttlicher heiliger Wille geschehe!

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Antwort des Herrn an Abgarus

Jahr 32, am 17. Dezember, Ephraim. Vater Jesus schreibt durch den Jünger Johannes an Abgarus, daß das besagte Naturereignis durch den Satan angestiftet worden ist, welchen er nun vertrieben hat und so ist auch das Wasser wieder rein geworden und ist gesund zu trinken. Jesus vergleicht dieses ungesunde Wasser mit der Lehre der falschen Propheten, von welcher alle geistig krank werden, die aus diesen Pfützen trinken.

  1. Mein lieber Sohn und Bruder Abgarus! Diesen argen Streich hat dir nicht dein Feind, sondern allein Mein Feind gespielt! Du jedoch kennest diesen Feind nicht; Ich aber kenne ihn schon gar lange. Dieser Mein Feind ist der alte unsichtbare Fürst dieser Welt und hatte bisher eine große Macht nicht nur auf dieser Erde, die sein Haus ist, sondern auch in den Sternen. Allein seine Macht wird nur noch eine kurze Zeit dauern, und bald wird der Fürst dieser Welt geschlagen werden. Du aber fürchte ihn nimmerdar! Denn für dich und dein Volk habe Ich ihn nun geschlagen. — Gebrauche daher nun ganz ruhig das Wasser deines Landes, denn es ist in diesem Augenblicke rein und gesund geworden. Siehe, dieweil du Mich liebst, ist dir Arges begegnet. Weil aber deine Liebe zu Mir mächtiger ward in der Bedrängnis, so hat deine Liebe gesiegt über alle Macht der Hölle, und du bist nun für alle Zeit frei von solchen höllischen Ausgeburten! Daher wird es kommen, daß der Glaube großen Versuchungen preisgegeben wird und wird durch Wasser und Feuer wandeln müssen. Aber das Feuer der Liebe wird das Glaubensopferfeuer ersticken und das Wasser mit seiner Allgewalt verdampfen. Wie es aber nun deinem Lande natürlich ergangen ist, so wird es dereinst vielen aus Meiner Lehre ergehen geistig; sie werden auch sehr unsinnig werden, die aus den Pfützen der falschen Propheten trinken werden!

  2. Meine Liebe, Meinen Segen und Meine Gnade dir, Mein Bruder Abgarus! — Amen.

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7. Brief

Jahr 33, am 4. März, Edessa. König Abgarus schreibt an Jesus den letzten Brief, worin er bekannt gibt, daß er von Jerusalem durch seine Getreuen erfuhr, was die Pharisäer gegen Jesus vorhaben – daß sie ihn nämlich als Staatsrebellen kreuzigen wollen und bedankt sich für die Vertreibung des Satans. (Diesen Brief erhielt Jesus am 16. März 33.)

  1. Abgarus, ein kleiner Fürst in Edessa, Jesu dem guten Heilande alles Heil, der erschienen ist in der Gegend um Jerusalem, ein Heil allen Völkern, ein Herr und ein gesalbter König von Ewigkeit, ein Gott aller Kreatur, aller Menschen und aller Götter, der guten wie der bösen!

  2. O mein Gott, o mein Herr, o Du alleiniger Erfüller meines Herzens und vollster Inbegriff aller meiner Gedanken! Ich weiß es zwar wohl schon aus Deinem ersten gnädigsten Briefe an mich, daß mit Dir nach Deinem eigenen unbegreiflichen Ratschlusse das alles geschehen muß, was eben die Juden von Jerusalem mit Dir vorhaben. Ich kann es mir wohl auch dunkel vorstellen, daß das alles schon so wird sein müssen. Aber daß sich mein Dich nun über alles liebendes Herz dagegen sträubet, von meiner menschlichen Seite betrachtet, das wirst Du, o Herr, sicher noch besser einsehen als ich, ein schwacher Mensch. Daß ich aber vollen Grund habe, Dir, o Herr, solches zu berichten, wird die Folge zeigen im Verlaufe dieses meines Schreibens. Siehe, ich als ein römischer Vasall, ein naher Verwandter des Tiberius, der da Kaiser (Cäsar) in Rom ist, habe auch in Jerusalem meine römischen getreuen Beobachter, die besonders ein scharfes Auge auf das dortige überaus hochmütige Priestertum haben. Diese meine Beobachter haben mir genau berichtet, was diese stolzen, übermütigen Priester und Pharisäer mit Dir vorhaben.

  3. Sie wollen Dich nicht nur nach ihrer Art steinigen oder umbringen; nein, das ist ihnen viel zuwenig, sondern sie wollen an Dir ein Exempel der allerunmenschlichsten Grausamkeit statuieren! — Höre, o Herr! Diese Bestien in Menschengestalt wollen Dich an das Kreuz mit scharfen Nägeln heften lassen, bis Du langsam von den ungeheuersten Schmerzen stürbest am Schandpfahle! Und dieses Meisterstück menschlicher Bosheit wollen sie an diesem bald kommenden Osterfeste ausführen! Herr, sei es, wie es wolle — aber mich hat es bis ins Innerste empört! Ich weiß, wie diese rein sinnlichen und herrschsüchtigen Bestien Dich gar nicht darum töten wollen, weil Du Dich als ihren verheißenen Messias ausgibst vor dem Volke. O das würde diese priesterliche Hyänenbrut wenig kümmern; denn ich weiß es nur zu gut, daß sie bei sich weder an einen Gott, noch viel weniger an Dich glauben; und machen sich untereinander aus einer Gotteslästerung wenig. Aber sie haben einen ganz anderen Plan! — Siehe, diese Bestien wissen, daß sie von Rom ihrer geheimen Konspirationen wegen mit allen Argusaugen beobachtet werden; und der sehr scharfsinnige Pilatus hat einen solchen hohepriesterlichen Aufstandsversuch, so fein er auch angelegt war, schon im vorigen Jahre genau durchschaut und hat, wie Du es weißt, bei fünfhundert Arme und auch Wohlhabende, zumeist leider Galiläer, vor dem Vorhofe am Feste ergreifen und sogleich enthaupten lassen, wodurch er sich freilich die Feindschaft des Herodes zuzog, da das meistens seine Untertanen getroffen hat. Dieses Beispiel wirkte stark erschütternd auf die Gemüter der Templer. Um die lästige Scharte auszuwetzen, haben sie nun Dich ausersehen, wollen Dich als einen Staatsrebellen beim Pontius anklagen und Dich auch als den Haupträdelsführer des vorjährigen Aufstandes bezeichnen, um sich auf diese Art vor dem römischen Hofe wieder weiß zu waschen und dadurch Roms lästige Argusaugen von sich abzuwenden, um dann wieder leichter ihre Hochverratspläne zu schmieden, was ihnen aber auf keinen Fall gelingen wird. Du siehst es ohne dies mein Schreiben auch, und endlos besser, daß sie von Rom aus auf ein Haar durchschaut sind.

  4. Willst Du, o Herr, einen Dienst von mir, Deinem innigsten Freunde und Anbeter, so sende ich darob sogleich Eilboten nach Rom (Der König hat da nicht überlegt, daß wenn die Kreuzigung zu Ostern stattfinden würde, es keine Zeit mehr sei, Eilboten nach Rom zu senden) und zu Pontius, und ich stehe Dir dafür, daß diese Bestien in gleicher Zeit in dieselbe Grube fallen werden, die sie Dir bereitet haben! Doch da ich Dich, o Herr, nur zu wohl kenne und wohl weiß, daß Du keines Menschen Rates bedarfst, so wirst Du wohl tun, was Dir am besten deucht. Ich als Mensch aber habe das als eine meiner ersten Pflichten angesehen, Dir die Sache also getreu kundzugeben, wie sie sich auf ein Haar also und nicht anders verhält — verbunden mit meinem herzinnigsten Danke für Deine Gnade, die Du mir und meinem Volke erwiesen hast.

  5. O Herr, lasse mich wissen, was ich hier für Dich tun soll! — Dein allzeit heiliger Wille geschehe!

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Letzte Antwort des Herrn an Abgarus

  1. Jahr 33, am 16. März, Ephraim. Jesus schreibt und bestätigt dem Abgarus die Richtigkeit der angegebenen Tatsachen, und daß Seine Kreuzigung der Grundstein und die Pforte zum Reiche Gottes sein werden. Daß er nur 3 Tage tot, am dritten Tage aber als Überwinder des Todes und der Hölle in Jerusalem auferstehen wird, worauf das Gericht über die Übeltäter losgeht. Gibt ihm die ganze Verfinsterung der Sonne am selben Tage als Zeichen Seines Todes am Kreuz an, und daß Abgarus ein wohl erkennbares Zeichen bekommen wird, wann Jesu Auferstehung von den Toten erfolgen wird.

  2. Höre, Mein geliebter Sohn und Bruder Abgarus, es verhält sich richtig alles genau also, wie du Mich nun benachrichtiget hast. Aber dessenungeachtet muß mit Mir alles also geschehen, weil sonst kein Mensch ewig je das ewige Leben erreichen könnte — was du jetzt freilich nicht einsiehst, aber in Kürze dieses große Geheimnis einsehen wirst. Daher lasse vorderhand deine Mir freundlichst dargebotenen Schritte für Meine Rechtfertigung. Denn sie würden da wenig fruchten, wo des Vaters ewige Macht waltet, der in Mir ist und Ich als ein Mensch von Ihm ausgegangen bin. Darum erschrecke dich Mein Kreuz ja nicht, an das Ich geheftet werde, — denn siehe, gerade dieses Kreuz soll für alle künftigen Zeiten der Grundstein zum Reiche Gottes und zugleich die Pforte in dasselbe werden! Ich aber werde nur drei Tage lang dem Leibe nach tot sein. Am dritten Tage aber werde Ich als ein ewiger Überwinder des Todes und der Hölle wieder vom Tode in Jerusalem auferstehen und Mein allmächtiges Gericht wird treffen alle Täter des Übels. Für die aber, die Meines Herzens sind, werde Ich dann die Pforte der Himmel weit auftun vor ihren Augen! Wann du aber in wenigen Tagen wirst am Tage die Sonne ganz verfinstert erschauen, dann denke, daß Ich, dein größter Freund und Bruder, am Kreuze gestorben bin! — Erschrecke aber nicht darob! Denn das alles muß so kommen, und den Meinen wird dennoch kein Haar gekrümmt werden. Wann Ich aber auferstehen werde, in dem Augenblick sollst du ein Wahrzeichen bekommen, daran du Meine Auferstehung sogleich erkennen wirst!

  3. Meine Liebe, Gnade und Mein Segen mit dir, Mein lieber Bruder Abgarus! — Amen.

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Der Verkehr mit Gott

1882, 5. März. . . . . Vater Jesus beleuchtet durch Th. B. Die Begebenheit mit Simeon und Hanna bei der Beschneidung im Tempel (Lukas 2, 25); bespricht die falschen Begriffe der heutigen Menschen über das Walten Seiner göttlichen Güte im Verkehr mit Seinen, Ihm dienenden und Seine Gebote erfüllenden Kindern und erklärt die höchst schädlichen Ansichten der heutigen Menschen über Seine göttliche Heiligkeit als Vater der Menschen, da Er noch immer derselbe unwandelbare Gott und Vater ist, wie Er einst in Christo war.

  1. Liebe Kinder! Es kommt die Zeit immer näher, wo sich Meine und eure Gegner auf die Bibel berufen werden, hauptsächlich in dem Punkte, „daß Ich direkt mit den Menschen verkehre“, - indem sie sagen werden (und zwar aus eigener Selbsttäuschung), es sei von Mir, als dem Herrn Himmels und der Erde, zu entehrend gesprochen, wenn man annehme und glaube, daß Ich mit den Menschen – und dies sogar (nach menschlicher Ansicht) mit ganz unscheinbaren, armen und unwissenden Menschen direkt verkehre.

  2. Dieser Glaube, durch welchen Mir Gelegenheit geboten ist, Mich Meinen Kindern zu nähern und Mich ihnen zu offenbaren, wird vom Fürsten der Finsternis mit aller Macht angegriffen; denn auf diesem sehnsüchtig liebenden Glauben beruht seine baldige Niederlage im Ganzen, wie bei der einzelnen Seele, denn wenn die Seele für diesen Glauben gewonnen ist, so horcht sie auf ihre innere Stimme, das Gewissen oder den Geist, der göttlicher Natur ist und darum die Seele bestimmt, stets das Gute zu wollen. Sie kommt also durch dieses Aufmerken immer mehr mit Mir in Verbindung, und darum ist es auch im großen Ganzen so wichtig, daß der Glaube an direkte göttliche Offenbarungen immer mehr Eingang findet, denn dadurch werden die Seelen wieder mehr hingeleitet zu der Aufgabe, welche der heilige Zweck ihrer Existenz erfordert. Da nun viele gerne Worte der Bibel als Beleg dafür wünschen, so führe Ich heute diesen Text an, nach welchem ein Simeon durch Meinen Heiligen Geist so sicheren Aufschluß über Mein Wesen erhielt und sogar angetrieben wurde, den Ort aufzusuchen, wo Mich seine leiblichen Augen erschauen konnten, und wobei er Mich auf seine Arme nahm und sprach: „Herr, nun lässest Du Deinen Diener im Frieden fahren, wie Du es gesagt hast“ usw.

  3. Wenn nun doch der Glaube bei euch auch heutzutage noch angenommen ist, daß Ich ein ewig unveränderlicher Gott bin, Der selbst im Äußeren in der Natur stets unveränderlich wirkt und schon von Anbeginn der Welt der Sonne ihren gleichen Lauf gab und der Erde stets die gleichen Wohltaten und dasselbe Wachstum, so ist dies noch viel mehr der Fall in Meinem geistigen Reiche, wo doch das Höchste Meine Liebe ist, d. h. Euch geistig wohlzutun und euch geistig zu fördern. Sollte sich wohl Meine göttliche Liebe zu den Menschen verringert haben, nachdem sie Mich auf's Neue durch Meine Menschwerdung als Vater erfaßt haben, oder sollte Ich sie wohl waisen lassen, nachdem Ich Selbst eine Sehnsucht nach Mir in ihnen erweckt habe, oder sollte hauptsächlich in dieser Zeit des Verfalles – es überflüssig sein, Meine väterliche Mahnung an dieselben ergehen zu lassen, auch auf Wegen, welche äußere Macht nicht verhindern kann; oder, wer kann Meinen abermaligen Rettungs-Plan ergründen, oder Meiner herablassenden Liebe Schranken setzen? Wer kann die Macht der weltlich Weisen und Gelehrten beschützen, wenn sie Mich als ihren persönlichen Beschützer verwerfen? - - Hier in der Bibel steht es, wie Ich einst einem Simeon und einer Hannah die geistige Sehe geöffnet habe, daß sie Mich erkannten und lobpriesen; aber auch heutzutage gebe Ich solchen Seelen Mut und Kraft, daß sie ein öffentliches Zeugnis ablegen können von dem, was in ihrem Herzen und in ihrem stillen Kämmerlein vorgeht; - aber es heißt von den Beiden im Tempel: „sie dieneten Gott“, d. h. sie hatten ihre Zeit und ihre Wünsche ihrem lieben Gott zum Opfer gebracht, somit den Tausch zwischen Welt und Mir eingegangen, und Mich vorgezogen. Eben dies ist die Bedingung, welche Ich denjenigen mache, die sehend im Glauben werden wollen, und Mich erschauen als Den, Der da mitten unter ihnen weilet, als Vater in Jesu Christo! Amen! (Jeder prüfe nach Joh. 7, 17 und Matth. 11, 25-30.)

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  1. Nachbemerkung am 2. September 1904 durch F. Schumi; Denjenigen bibelfesten Verneinern, daß, wie eingangs bemerkt, es zu entehrend gesprochen ist, daß Ich auch heutzutage mit Menschen und sogar mit unscheinbaren und unwissenden Menschen verkehre, sei es offen gesagt: Ja, war Ich als Jesus weniger Gott, weniger hochheilig, weniger erhaben über alle Kreatur wie heute?

  2. Bin Ich denn ein wandelbarer und launenhafter Gott und Vater der Menschen geworden!? Wenn Ich einst mit Sündern und Zöllnern, welche die verachtetsten Sünder unter den Juden waren, verkehrte, dann mit der öffentlichen Sünderin Maria Magdalena und mit den unscheinbaren und einfachen Fischern herum gegangen bin, bei den Zöllnern eingekehrt und sogar einen Zollschreiber als Meinen Jünger Selber aufgenommen habe, so muß es euch doch einmal licht werden, daß ihr in einer großen Finsternis und Unwissenheit über die väterliche Liebe eures Gottes seid! - Ja, wahrlich, ihr sollt doch einmal aufwachen aus euren falschen Begriffen über Mich – und Mich als den liebevollen Vater in Jesus erschauen, wie es einst die Jünger getan! Amen.

 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

Aufklärung zum Briefwechsel Jesu mit Abgarus

1. Brief

Antwort des Herrn Jesus

2. Brief

Antwort des Herrn Jesus

3. Brief

Antwort des Herrn Jesus

4. Brief

Eigenhändige Antwort des Herrn

5. Brief

Antwort des Herrn darauf

6. Brief

Antwort des Herrn an Abgarus

7. Brief

Letzte Antwort des Herrn an Abgarus